STADTVERWALTUNG

Ehrenbürger*innen der Stadt Ingelheim

  • Albert Gerhard de Roock, 1863

    Geboren am 24. Mai 1787 in Zalt Bommel, Provinz Gelderland in den Niederlanden, ging er schon in früher Jugend zur See und sah große Teile der Welt. Im Jahre 1811 kam er nach Java und ließ sich dort nieder.

    Durch seine Tätigkeit und Umsicht sowie durch außerordentliche Glücksumstände begünstigt, erwarb er sich bald ein sehr bedeutendes Vermögen und wurde Besitzer einer der bedeutendsten und ältesten Zuckerfabriken der Insel. Der leidende Zustand seiner Frau veranlasste ihn im Jahre 1839, nach Europa zurückzukehren, wo er sich zwei Jahre später in Nieder-Ingelheim niederließ, im heutigen Emmerlingschen Park, und dort seine „Villa Padjarakan“ baute.

    Als Zeichen der allgemeinen Teilnahme an der Feier seiner Goldenen Hochzeit am 8. August 1863 beschloss der Ortsvorstand der Gemeinde Nieder-lngelheim, Albert de Roock zum Ehrenbürger zu ernennen.

    Man tat dies, wie die Urkunde es ausdrückt, um "einigermaßen das Verdienst zu würdigen, welches Herr Albert Gerhard de Roock während seines 21-jährigen Aufenthaltes in Nieder-Ingelheim durch echten Gemein- und Wohltätigkeitssinn, durch seine zur Verschönerung und Hebung des Ortes beitragenden Anlagen und durch mehrfache reiche Beiträge für öffentliche Zwecke erworben hat".

    Der so Geehrte verstarb am 22. August 1867 in seinem Besitztum und fand seine letzte Ruhestätte unter einem Obelisken auf dem Nieder-Ingelheimer Friedhof.

  • Ludwig Walther, 1895

    Geboren am 8. September 1822 in Darmstadt, besuchte er dort das humanistische Gymnasium und studierte in Gießen evangelische Theologie. Er bestand anschließend am Predigerseminar in Friedberg das Staatsexamen.

    Nach verschiedenen Verwendungen wurde ihm 1851 die Pfarrei Ingelheim mit Wackernheim übertragen. Er hat hier die ihm unterstehenden Kirchen renoviert, der Nieder-Ingelheimer Saalkirche ihren Turm und ihr Geläut gegeben. Das kirchliche Leben war ihm ein großes Aufgabengebiet. Er besaß eine unermüdliche Arbeitskraft, praktischen Blick und eine gute Kenntnis der Verhältnisse, dazu hatte er gute Beziehungen.

    Ludwig Walther war über 30 Jahre Dekan des Dekanats Ingelheim und hat viel für das kirchliche Leben der betreuten Gemeinden getan. Denn er gehörte fast allen größeren kirchlichen Gemeinschaften Hessens an. Sein vielseitiges Wirken hat weithin ins Leben der bürgerlichen Gemeinde ausgestrahlt, nicht nur durch seine Mitgliedschaft in den Schulkommissionen des Kreises und der Gemeinden. In den nahezu 50 Jahren seiner Amtsführung verwuchs er fast mit jedem Haus und mit jeder Familie.

    So erfüllte die Gemeinde Nieder-Ingelheim eine Ehrenpflicht; als sie "den Herrn Dekan" am 6. Mai 1895 anlässlich seines 50 jährigen Pfarrer-Jubiläums zu ihrem Ehrenbürger ernannte. Dieser Würde reihte sich die des Ehrendoktors der Theologie von Gießen würdig an. Walther  starb am 28. Juni 1898 in Frankfurt, wo er sich einer Kur unterzogen hatte. Er wurde auf dem Nieder-Ingelheimer Friedhof beigesetzt. Die Kirchengemeinde betreut noch heute seine Grabstätte.

  • Albert Boehringer, 1921

    Er wurde am 11. August 1861 in Stuttgart geboren, wo der Großvater mit seinen beiden Söhnen im Römischen Kaiser an der Königstraße seit 1817 "chemische Präparate eigener Fabrik" herstellte.

    Sein zweiter Sohn, der ihn alleine überlebte, verlegte in den siebziger Jahren die Firma C. F. Boehringer u. Söhne nach Mannheim. Nach Christoph Heinrichs Tode führte dessen ältester Sohn Ernst die Firma. Er starb bereits 1892 und sein Teilhaber und Schwager übernahm das Geschäft. Der jüngere Bruder Albert wurde abgefunden und übernahm 1885 eine kleine Weinsteinfabrik in Ingelheim.

    Durch Apothekenlehre und kurzes Studium vorbereitet, nahm er die Herstellung von Weinsäure und später von Milchsäure auf. Es waren schwere Jahre, die folgten. Sie forderten den ganzen Selbstbehauptungswillen eines tatkräftigen Mannes. Zu Anfang unseres Jahrhunderts konnte er die Herstellung von Heilmitteln aufnehmen. Während des ersten Weltkrieges wurde das erste Spezialpräparat herausgebracht. Als Leiter einer Sanitätseinheit im Felde stehend, hatte er seinen Neffen mit der Werksleitung beauftragt.

    Seine Haltung während der Zeit der Besatzung brachte ihm die Ausweisung und stellte ihn vor die Aufgabe, in Hamburg einen Zweigbetrieb aus dem Nichts aufzubauen. Bis zu seinem 70. Jahre leitete er zusammen mit seinen Söhnen das Unternehmen. Er ist recht eigentlich der Schrittmacher der neueren industriellen Entwicklung Ingelheims gewesen.

    Als markante Unternehmerpersönlichkeit wurde er zu seinem 60. Geburtstage zum Ehrenbürger von Nieder-Ingelheim ernannt. Hier fand er auch nach seinem Ableben am 10. März 1939 seine letzte Ruhestätte.

  • Albert Boehringer, 1951

    Er ist am 7. Juni 1890 in Ingelheim, in der damals Krebs'schen, heute Schneider'schen Villa an der Bahnhofstraße geboren.

    Nach dem Dienst als Einjähriger und seiner Ausbildung zog er 1914 mit seiner Truppe, dem bayrischen Chevauleger-Regiment ins Feld. Dieses geht auf die kurpfälzische Oberrheinische Kreisschwadron zurück, deren erster Befehlshaber, Generalwachtmeister von Closs, in der Ingelheimer Remigiuskirche begraben liegt.

    1919 trat Albert Boehringer in das väterliche Geschäft ein, das er seitdem mit seinem Schwager Liebrecht seit 1920 und dem Bruder Ernst seit 1927 leitet. Hatte der Vater den Aufstieg von einem bescheidenen Fabrikchen zum stattlichen vielseitigen Betrieb erlebt und persönlich gestaltet, so setzt nun ein neues Stadium der Entwicklung ein.

    Die Firma wird durch die rasende technische und chemische Entwicklung des letzten Vierteljahrhunderts zum Großbetrieb mit einer Fülle ständig wechselnder Aufgabenbereiche, mit einem Stab verantwortlicher Mitarbeiter, der immer mehr der Stadt Ingelheim das Gepräge gibt und aus ihrem Leben und ihrer Erscheinung nicht mehr wegzudenken ist.

    So wurde ihm "in Anerkennung und Würdigung der großen Verdienste, welche sich die Familie Boehringer um die Entwicklung der Stadt Ingelheim erworben hat", wie es im Ratsprotokoll steht, am 7. Juli 1951, seinem 60. Geburtstag, das Ehrenbürgerrecht der Stadt Ingelheim verliehen.

    Er starb am 11. Februar 1960 und wurde im Familiengrab auf dem Nieder-Ingelheimer Friedhof beigesetzt.

  • Andreas Saalwächter, 1953

    Am 24. Oktober 1876 in Nieder-Ingelheim geboren, begann er sich bereits in der Volksschule für heimatliche Geschichte zu interessieren. Diese Neigung pflegte er auch während seiner weiteren Ausbildung, die ihn trotz anderer Absichten in die Beamtenlaufbahn führte.

    Im Jahre 1899 fand er bei der Frankfurter Straßenbahn eine Tätigkeit, verließ seine Heimat und blieb dort, bis er im Jahre 1908 mit der Leitung der Offenbacher Stadtkasse betraut wurde. Ein Studium als Diplom-Volkswirt in Frankfurt folgte. Sein Amt hatte er inne bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1934.

    Aber in allen diesen Jahrzehnten hatte er immer die engsten Beziehungen zu Ingelheim und seiner Umgebung gepflegt und erhalten. Er war einer der Mitbegründer des dortigen Historischen Vereins im Jahre 1905 und hat durch seine umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit wesentliche Gebiete der Ingelheimer Geschichte erschlossen und weiteren Kreisen bekannt gemacht.

    Dieses Wirken bewog den Ingelheimer Stadtrat, Andreas Saalwächter in dankbarer Anerkennung seiner Verdienste um die heimatkundliche Forschung und in Würdigung seiner vielseitigen wissenschaftlichen Arbeit am 24. Oktober 1953, seinem 77. Geburtstage, zum Ehrenbürger der Stadt Ingelheim zu ernennen. Diese Anerkennung seiner Lebensarbeit fasst er als einen Ansporn auf, rüstig auf seinem Schaffensgebiete weiter zu wirken.

    Er starb 1967 in Offenbach.

  • Wilhelm Kaege, 1958

    Geboren am 6. Juli 1878 in Wachenheim bei Worms, ist er ein Sohn Rheinhessens. Er besuchte die Gewerbeschulen in Alzey und Worms und hatte seine Lehre als Werkzeugmacher in Alzey. Seine berufliche Arbeit und Weiterbildung fand er in Mannheim, Frankfurt am Main und Remscheid.

    Am 1. Juli 1907 gründete er zusammen mit seinem 1949 früh verstorbenen Mitgesellschafter Hugo Maehler in Ingelheim die Firma Maehler und Kaege. Das bescheidene Unternehmen befand sich zunächst im Wernerschen Anwesen in der oberen Mainzer Straße. Aber bereits 1912 hatte der Betrieb sich so ausgeweitet, dass diese behelfsmäßige Unterbringung nicht mehr ausreichte. Damals entstanden an der heutigen Georg-Rückert-Straße/Konrad-Adenauer-Straße ein neuzeitlicher vierstöckiger Fabrikbau, ein einstöckiges Gebäude (beide bis 1989) und zwei Villen für die Teilhaber.

    Trotz der schweren Krisen und Rückschläge, die das Unternehmen in den Jahren 1928 bis 1932 und nach dem zweiten Weltkriege erlitt, ging die Entwicklung danach wieder aufwärts. Die elektrotechnischen Erzeugnisse der Firma Maehler und Kaege gingen in alle Welt hinaus. Sie hat am wirtschaftlichen Aufschwung Ingelheims einen wichtigen Anteil.

    Daher wurde Herrn Kaege, der sich auch der zeitweiligen Mitwirkung im Nieder-Ingelheimer Gemeinderat nicht versagte, an seinem 80. Geburtstag, dem 6. Juli 1958, das Ehrenbürgerrecht verliehen.

    Im Jahre 1989 zog die Fabrik der Konrad-Adenauer-Straße an die Straße „Zum Großmarkt“, wo sie 2007 stillgelegt wurde.

  • Julius Liebrecht, 1961

    Der langjährige Seniorchef der Firma C. H. Boehringer Sohn wurde um 30. Dezember 1891 in Oberlahnstein geboren. Seine Schulzeit verbrachte er in Mainz, wo er sich mit seinen späteren Schwägern anfreundete. Nach dem Abitur entschied er sich gemäß der Tradition seiner Familie für die Offizierslaufbahn. Als hochdekorierter Rittmeister schied er nach dem Ende des Ersten Weltkrieges aus der Armee aus.

    Nach seiner Verheiratung mit Ilse Boehringer trat Julius Liebrecht 1920 unter der strengen, aber verständnisvollen Anleitung seines Schwiegervaters - des Kommerzienrates Dr. h.c. Albert Boehringer - in das Unternehmen ein, dem er fortan bis ins hohe Alter seine ganze Tatkraft widmete. In den Auseinandersetzungen während der Ruhrbesetzung 1923 wurden sein Schwiegervater Albert Boehringer und dessen Sohn – wie viele andere auch – durch die französische Besatzungsmacht aus Ingelheim ausgewiesen, so dass Julius Liebrecht das Ingelheimer Werk zeitweise allein zu leiten hatte. Weit blickend richtete er sein Augenmerk auf den Produktionsausbau der organischen Säuren, auf die Backhilfenherstellung und das Personalwesen.

    Den zweiten Weltkrieg erlebte Julius Liebrecht als Oberstleutnant der Luftwaffe in Frankreich und Russland. Seine beiden älteren Söhne fielen an der Ostfront. Vor allem nach der Währungsreform und dem Abbau der Zwangswirtschaft gelang es Julius Liebrecht in nahtloser Zusammenarbeit mit seinen Schwägern, das Ingelheimer Unternehmen durch weitsichtige Planung, kluge Entscheidungen, durch Mut und Elan im marktwirtschaftlichen Aufwind zu einer Weltfirma umzugestalten. Dies brachte in diesem Ausmaß früher nicht gekannte Kontakte mit dem Ausland mit sich und für Julius Liebrecht in der Wahrung und Erweiterung von Geschäftsbeziehungen ein stetig wachsendes Maß an Arbeit und Verantwortung. Dies gilt vor allein für die Zeit, als er nach dem Tode auch seines jüngeren Schwagers Dr. Ernst Boehringer von 1965 an alleine die Zügel der Firmenleitung in die Hand nehmen musste.

    Am 10. Juli 1970 feierte Julius Liebrecht hoch geehrt sein 50jähriges Dienstjubiläum. In der Reihe der Laudatien wurden ihm Ausgeglichenheit, Disziplin und Verantwortungsbewusstsein, Tatkraft und Pflichtgefühl, Weitsicht und seltene Erfahrungsfülle bescheinigt. So hat der Ehrenbürger in einem reichen und langen Leben vieles erfolgreich gestaltet und weit über den Fabrikzaun hinaus segensreich in die Öffentlichkeit gewirkt. Dieses Wirken fand ein Echo in vielen äußeren Ehrungen. 1961 ernannte der Stadtrat Julius Liebrecht zum Ehrenbürger von Ingelheim. 1957 bereits war ihm die gleiche Würde von der Universität Mainz verliehen worden. 1967 zeichnete der Bundespräsident den Ingelheimer Industriekapitän mit dem Stern zum Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland aus.

    Noch mit über achtzig Jahren war Julius Liebrecht seinen Passionen als ehemaliger Dragoneroffizier treu, saß fast täglich zu Pferde und nahm gern an den Ingelheimer Niederwildjagden teil.

    Am 13. September 1974 verstarb er zu Ingelheim, der Stadt, die ihm zur Heimat geworden war. Auch er ist im Boehringer-Familiengrab auf dem Nieder-Ingelheimer Friedhof beigesetzt.

  • René Monrose (Autun), 1964

    Geboren im Jahre 1893, war René Monrose in seinem beruflichen Leben zunächst Lehrer an verschiedenen Schulen, zuletzt als Professeur für Französisch und Geschichte am Lycée Bonaparte in Autun. Am 18. Mai 1945 wurde er in den Stadtrat und zugleich auch zum Adjointen der Stadt Autun gewählt. Die Oktoberwahlen 1947 brachten ihm dann einen solchen Erfolg, dass der Rat ihn zum Bürgermeister der Stadt bestimmte. Dieses Amt behielt er bis zu seinem altersbedingten freiwilligen Ausscheiden am 27. März 1965, In seiner Amtszeit wurden in der Stadt 1200 Sozialwohnungen gebaut, mehrere Schulen errichtet, das Stadion Saint-Roch, das Feuerwehrhaus sowie zahlreiche weitere Einrichtungen geschaffen. Insbesondere entstand durch seinen Weitblick eine erste geschlossene Industriezone, die den Grundstock bildete für einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung und eine starke Aufwärtsentwicklung der Stadt Autun.

    Mit großer Hingabe widmete er sich der Anbahnung und Verwirklichung einer Städtefreundschaft zwischen Autun und Ingelheim. Er wollte damit seinen Beitrag leisten für die zu einer friedlichen Zukunftsentwicklung führende deutsch-französische Verständigung. Sein Verdienst ist es vor allem, dass bereits im Sommer 1963 in einer alle Teilnehmer überwältigenden großartigen Feierstunde auf der repräsentativen Freitreppe vor dem Autuner Rathaus in Anwesenheit einer großen Teilnehmerzahl die Partnerschaft Ingelheim-Autun offiziell verkündet werden konnte.

    Zu Recht hat man René Monrose seitdem als den Vater dieser Partnerschaft bezeichnet. Der Ingelheimer Stadtrat würdigte sein Verdienst im Jahre 1964 dadurch, dass er ihn einstimmig zum Ehrenbürger der Stadt wählte.

    Als René Monrose am 20. Februar 1976 für immer die Augen schloss, trauerten um ihn nicht nur die Bürger von Antun, sondern gleichermaßen seine zahlreichen Freunde in Ingelheim.
    Er wird in beiden Städten unvergessen bleiben.

  • Dr. Georg Rückert, 1966

    Von Spachbrücken im Odenwald, wo er am 8. November 1901 geboren wurde, führte sein Lebensweg zunächst nach Darmstadt. Dort besuchte er das Realgymnasium und war später - nach einer Lehre im Bankfach und dem Studienabschluss mit der Promotion zum Dr. jur. an der Universität Frankfurt - bei der Stadtverwaltung Darmstadt tätig. 1931 wurde Dr. Rückert Bürgermeister von Ober-Ingelheim. Während seiner kommunalpolitischen Tätigkeit in Ober-Ingelheim bemühte er sich besonders um die wachsende Zahl der Arbeitslosen in der Weltwirtschaftskrise.

    Am 7. April 1933 wurde Dr. Rückert von den Nationalsozialisten als erster Bürgermeister Rheinhessens seines Amtes enthoben. Durch diesen Unrechtsakt und SS-Überfälle auf seine Person und seine Familie wurde er zu einer Symbolfigur für das Leid und die Not, die das NS-Regime über Deutschland brachte. Dr. Rückert wich nach Leipzig in die Wirtschaft aus, in welcher Stadt er von Juni 1944 an auch Soldat sein musste. Er kehrte im Juni 1945 in sein Amt als Bürgermeister - nun der Stadt Ingelheim a. Rh. - zurück.

    Nachdem von der Militärregierung durch Verordnung vom 30. 8. 1946 das Land Rheinland-Pfalz gebildet worden war, bestimmte die nach dieser Verordnung gewählte Landesversammlung Dr. Rückert zum Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses. Diesem war der Aufbau der staatlichen Verwaltungsbehörden aufgetragen. Im Dezember 1946 wurde er von dem vorläufigen Ministerpräsidenten Dr. Boden zum Regierungspräsidenten von Rheinhessen berufen. Dieses Amt trat er am 15. Februar 1947 an und führte bis März 1949 auch die Geschäfte des Bürgermeisters der Stadt Ingelheim weiter, da bis dahin ein Nachfolger nicht gefunden werden konnte. Mit Elan und Mut baute Dr. Rückert zunächst seine Behörde auf, um vordringliche Fragen der Ernährung, der Freigabe von Gebäuden und Baumaterialien, der Trümmerbeseitigung und der Verhinderung von Demontagen gerecht werden zu können. Nach der Währungsreform und dem Abbau der Zwangswirtschaft bildeten die Neuordnung der Wasserwirtschaft, Maßnahmen zur Landschaftspflege in Verbindung mit Bemühungen zur Erhaltung des rheinhessischen Waldbestandes, nicht zuletzt Förderung des Weinbaus und vielfältige Initiativen zur Entfaltung kulturellen Lebens Schwerpunkte im Wirken Dr. Rückerts.

    Schließlich gründete Dr. Rückert die Partnerschaften Rheinhessens mit der englischen Grafschaft Herfortshire und dem französischen Departement Côte d'Or in Burgund. Schon von 1947 an engagierte er sich stark im Roten Kreuz und war Vorsitzender des DRK-Bezirks Rheinhessen. Er wurde mit dem Verdienstkreuz des DRK ausgezeichnet. Der Bundespräsident verlieh ihm für seine Verdienste um den Wiederaufbau - vor allem im Großraum Mainz - am 1. Dezember 1966 das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, die Stadt Mainz den Ehrenring. Anlässlich des 500jährigen Jubiläums der Mainzer Universität wurde Dr. Rückert für seine Verdienste um den Wiederaufbau als Johannes-Gutenberg-Universität deren Ehrenbürgerschaft verliehen.

    Seinen Ruhestand verbrachte Dr. Georg Rückert in Ingelheim - der Stadt -, die ihn 1966 am 8. November anlässlich der Vollendung seines 65. Lebensjahres zu ihrem Ehrenbürger ernannte, die er in entscheidenden Jahren des Umbruchs prägte, die auch ihn in seinem Wirken mit geprägt hat und an deren Daseinsäußerungen er nach wie vor lebhaften Anteil nimmt.

    Er starb am 12. September 1990. Seit September 2000 trägt die Straße an der Kreisverwaltung seinen Namen.

  • Marcel Lucotte (Autun), 1973

    Marcel Lucotte wurde geboren am 16. Januar 1922 in Autun. Nach erfolgreichem Schulbesuch ergriff er den Journalistenberuf. Dadurch kam er schon bald mit der Politik in Berührung. Kraft seiner Persönlichkeit und seiner großartigen Rednergabe hat er sich dann Schritt für Schritt vorangearbeitet.

    Im Jahre 1959 wählten ihn die Bürger von Autun in den Stadtrat. 1965 folgte seine Wahl zum ersten Beigeordneten und am 26. Januar 1969 zum Bürgermeister der Stadt. Im gleichen Jahr wurde ihm der nationale Verdienstorden verliehen. Seine Aktivität dehnte er bald auch auf die höheren politischen Ebenen aus.

    So folgte im März 1970 seine Wahl in den Generalrat des Departments Saône et Loire und im Oktober 1971, als Vertreter dieses Departements, seine Berufung zum Mitglied des französischen Senats, in dem er zeitweise Vizepräsident des Wirtschaftsausschusses war. Als Mitglied des Generalrats sowie als Senator wurde er zugleich Mitglied zahlreicher Ausschüsse, zum Teil als deren Vorsitzender. Im Jahre 1974 wählte man ihn zum Vorsitzenden der Ständigen Kommission beim Regionalrat von Burgund, dem er seit 1973 angehörte. 1976 erfolgte seine Wiederwahl als Generalrat und 1977 als Ratsmitglied und Bürgermeister von Autun.

    Neben den hohen Verdiensten für seine Vaterstadt Autun und deren Entwicklung zu einer modernen Industriestadt mit beachtlicher Infrastruktur sowie in der überörtlichen Politik war Marcel Lucotte seit  Anbeginn in den Jahren 1960/61 aktiv am Zustandekommen der Partnerschaft zwischen Ingelheim und Autun beteiligt. Er gehörte der ersten offiziellen Delegation ans Autun an, die 1962 Ingelheim besucht hat. Als rechte Hand des damaligen Autuner Bürgermeisters René Monrose hat er die Gesamtorganisation der glanzvollen und unvergesslichen Partnerschaftsfeier im Jahre 1963 in Autun geleitet.

    In Anerkennung seiner hohen Verdienste um das Zustandekommen und den weiteren Ausbau der Partnerschaft hat ihn der Ingelheimer Stadtrat im Jahre 1973 anlässlich der Zehnjahresfeier der Partnerschaft zum Ehrenbürger der Stadt ernannt.

    Marcel Lucotte starb am 28. Dezember 2000.

  • Dr. Robert Boehringer, 1974

    Der Sproß der weit verzweigten Unternehmerfamilie, die seit 1885 das Antlitz Ingelheims entscheidend mitgeprägt hat, wurde am 30. Juli 1884 in Winnenden geboren. In Basel ging er zur Schule und legte unter der schwäbischen Devise "Furchtlos und treu" die Grundlagen einer eigenen, unverwechselbaren Art der Daseinsgestaltung.

    In den Wirren übermütiger, von Leidenschaft geprägter Jugendjahre, fand Robert Boehringer das Gesetz seines Daseins. Mit seiner Selbstdisziplin, die Ärzte und Mitarbeiter in Erstaunen setzte, gewann er seinem hoch gewachsenen und breitschultrigen, aber anfälligen Körper nicht nur die hohen Jahre, sondern auch die Werke ab, die ihn zu einem der letzten Vertreter abendländischer Universalität im goetheschen Sinne stilisierten.

    Robert Boehringer erster Dienst galt, wie sein letzter, der geliebten deutschen Sprache. Niederschlag dieses Dienstes bildete nicht nur eine lange, sein Leben überglänzende Freundschaft mit Stefan George und die Sorge um den literarischen Nachlass des Dichters, sondern auch die erläuternde Nacherzählung von Dantes Göttlicher Komödie und eigenes dichterisches Schaffen.

    Die abendländische Weite seines Geistes dokumentiert die frühe Promotion zum Doktor der Nationalökonomie und seine zeitweilige Tätigkeit als Lehrer für Geschichte in Berlin. Robert Boehringer nahm während des Ersten Weltkrieges die Zügel des Ingelheimer Familienunternehmens in die Hand, weil der Gründer der Firma - Albert Boehringer - als Chef einer Sanitätskompanie im Feld stand. Nach dem Krieg kehrte er in die Schweiz zurück, um teils in leitender Stellung, teils als Berater bei zwei großen Unternehmen der Schweizer pharmazeutischen Industrie zu wirken. In diese Zeit fällt auch Boehringers Habilitation und seine Tätigkeit am Kieler Institut für Weltwirtschaft und Seeverkehr sowie der Beginn der Freundschaft mit dem 12 Jahre jüngeren Vetter Dr. Ernst Boehringer.

    1930 ging Robert Boehringer nach Genf, wo er später das Schweizer Bürgerrecht erwarb. Seit 1933 hat er deutschen Boden nicht mehr betreten und sich literarisch mit den Weltbildern Homers und Platons als dem Wurzelgrund des abendländischen Geistes befasst.

    Die Not und das Leid, die der Zweite Weltkrieg heraufbeschwor, rissen Robert Boehringer aus literarischer Produktivität in neues großes Dienen. Er stellte sein Organisationstalent und seine Kunst der Menschenführung dem Internationalen Roten Kreuz in Genf zur Verfügung. Seine Fähigkeit, angeblich unüberwindliche Schwierigkeiten zu meistern, kam vielen Tausenden von Notleidenden zugute, nachdem er das "Vereinigte Hilfswerk vorn Roten Kreuz" ins Leben gerufen und dessen Leitung übernommen hatte. Damals entstand im Kreise seiner Mitarbeiter das Wort von der pax robertiana - vielleicht gerade deshalb, weil er alles andere als ein bequemer Vorgesetzter war.

    Am 9. August 1974 verstarb Robert Boehringer in Genf kurz nach Vollendung seines 90. Lebensjahres. Am 30. Juli 1974 wurde er posthum zum Ehrenbürger der Stadt Ingelheim ernannt.

  • Dr. Christian Rauch (Gießen), 1974

    Am 30. September 1877 in Berlin geboren, widmete er sich nach Beendigung der Schulzeit an der Akademie der Künste seiner Vaterstadt zunächst dem Studium der Architektur. 1902 vertauschte er dieses mit dem der Kunstgeschichte, das er 1904 mit der Promotion in Kiel abschloss.

    Danach bearbeitete er im Rahmen der Kunstdenkmäler-Inventarisation in Hessen die Kreise Fritzlar und Bingen. Der stattliche Band der Kunstdenkmäler des Landkreises Bingen ist heute noch eine Fundgrube und bereits eine bibliophile Kostbarkeit. Bei diesen Arbeiten gesammelte Erfahrungen und seine architektonische Vorbildung bedeuteten für die Untersuchungen in Ingelheim beste Voraussetzungen. Weiterhin war von Bedeutung, dass Christian Rauch während seiner Tätigkeit im Binger Land stets eng mit der Archäologie der provinzialrömischen Kultur des Mittelrheingebiets konfrontiert und mit den Methoden archäologischer Forschung vertraut gemacht worden war. Es mag dies ausschlaggebend gewesen sein, dass in der Nachfolge Paul Clemens vom Deutschen Verein für Kunstwissenschaft die Leitung und Veröffentlichung der Ingelheimer Pfalzforschung Christian Rauch - dem damals jungen Privatdozenten für Kunstgeschichte an der Universität Gießen - übertragen wurde.

    Die Dauer der Rauch'schen Ausgrabungen im Gelände der Ingelheimer Pfalz war sehr kurz. Die fünf in den Jahren 1909 bis 1914 durchgeführten Grabungskampagnen währten insgesamt kaum sieben Monate. Trotz der zeitlichen und räumlichen Beschränkungen der Grabungen gelang es Christian Rauch, ein relativ klares Bild von der karolingischen Pfalz in Ingelheim zu gewinnen. Dies bestätigten die neueren Forschungen der 60er und die jüngsten Forschungen seit den 90er Jahren im Gelände der Pfalz.

    Während des Ersten Weltkrieges war Christian Rauch im Dienst der Krankenpflege, zeitweise auch als Leiter des Museums im nordfranzösischen Douai (Flandern) tätig. Nach Kriegsende kehrte er nach Gießen zurück, wo er 1920 zum Ordentlichen Professor für Kunstgeschichte ernannt wurde und bis zu seiner Emeritierung eine vielfältige Tätigkeit ausübte. Er baute das kunstgeschichtliche Institut auf und war mehrfach Dekan der Philosophischen Fakultät. Neben all diesen Tätigkeiten hat die Bearbeitung der Ingelheimer Ausgrabungsergebnisse Christian Rauch ein ganzes Leben lang begleitet, auch wenn aus seiner Feder nur zwei kleine Arbeiten zum Thema Ingelheim hervorgingen. Aber Rauchs berühmtes Modell bot ein so einzigartiges Bild der Pfalz, dass die Forschung dadurch immer wieder neu angeregt wurde. Schließlich bestätigten die Untersuchungen der 60er Jahre, welch großer Wurf Christian Rauch mit der Erforschung der Ingelheimer Pfalz gelungen war.

    Als die Stadt Ingelheim 1974 die 1200jährige Wiederkehr des Jahres der ersten urkundlichen Erwähnung feierte, war der Besuch des 97jährigen Gelehrten ein Höhepunkt der festlichen Tage. Die große Arbeit Hans-Jörg Jacobys an der Dokumentation der Rauch'schen Grabung nahm zu diesem Zeitpunkt greifbare Formen an. Christian Rauch begleitete sie voll Dankbarkeit, lebhaftem Interesse und förderte sie nach Kräften.

    Zum letzten Mal besuchte er das mit seinem Leben und Schaffen so eng verbundene Ingelheim am 24. März 1975, als ihm die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde. Am 31. Januar 1976 ist Christian Rauch in Gießen im 99. Lebensjahr verschieden.

  • Ruth Boehringer, 1985

    Ruth Boehringer wurde am 24. März 1906 in Mainz-Amöneburg als Ruth Dyckerhoff geboren. 1929 heiratete sie Dr. Ernst Boehringer, zwei Söhne wurden dem Paar geboren. Sie hat sich im sozialen Bereich über viele Jahrzehnte mit besonderer Hingabe und großem Erfolg für die Menschen, insbesondere für ihre Not leidenden Mitbürger eingesetzt.

    Während des Zweiten Weltkriegs half sie im Lazarett. Nach dem Krieg betreute sie Kriegsgefangene und setzte sich für Schulen (Schulspeisung), Flüchtlinge und Bedürftige ein, für die sie gemeinsam mit dem Roten Kreuz Kleider- und Möbelsammlungen organisierte.

    Ihr Einsatz wurde 1959 mit dem DRK-Ehrenzeichen, 1964 mit der silbernen Ehrennadel und 1967 mit der Landesverdienstnadel in Gold gewürdigt. Zudem stand Ruth Boehringer von 1961 bis 1979 an der Spitze des Roten Kreuzes in Ingelheim. 1979 wurde sie zur Ehrenvorsitzenden des DRK ernannt.

    Später griff sie erstmals in Ingelheim das Problem der Betreuung älterer Mitbürger*innen auf, gemeinsam mit anderen gründete sie den „Kreis der Älteren“ mit Bastelkreis. Diese Einrichtung gab Senior*innen die Möglichkeit zur Geselligkeit und sinnvollen Freizeitgestaltung.

    Auch die jährliche Versendung von Geschenkpaketen zum Weihnachtsfest in die ehemalige DDR und an Bedürftige in Ingelheim ging auf ihre Initiative zurück.

    1970 wurde Ruth Boehringer mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

    In Anerkennung und Würdigung ihres großen sozialen Engagements und persönlichen Einsatzes bei der Betreuung hilfsbedürftiger Menschen und der dadurch erworbenen besonderen Verdienste um die Mitbürger*innen der Stadt Ingelheim verlieh ihr der Stadtrat am 16. Dezember 1985, im Jahr des 100-jährigen Jubiläums von Boehringer Ingelheim, die Ehrenbürgerwürde.

    Ruth Boehringer ist am 11. November 2007 im Alter von 101 Jahren in Ingelheim verstorben.

  • Dr. Adalbert Erler (Frankfurt/M), 1985

    Der wissenschaftliche Ruf von Professor Dr. Dr. h. c. Adalbert Erler ist so untrennbar mit Ingelheim verbunden, wie umgekehrt der Ruhm der Rotweinstadt als historischer Stätte alten deutschen Rechts mit ihm. Der am 1.Januar 1904 in Kiel geborene Erler war von 1946 bis 1950 erster Inhaber des Lehrstuhls für Rechts- und Kirchenrechtsgeschichte an der gerade gegründeten Johannes Gutenberg-Universität. Als erster Prorektor war er maßgeblich an der Wiedergründung der Mainzer Universität beteiligt. Er wohnte in dieser Zeit in Ingelheim, wo er der Volkshochschule dazu verhalf, den Kinderschuhen zu entwachsen.

    Die Gestaltung des 1000-Jahre-Jubiläums der Universalsynode von 948 unter Otto dem Großen war für Professor Erler Anlass, mit seinen Ingelheimer Freunden die Wiedergründung nicht nur des Historischen Vereins, sondern auch des Ingelheimer Museums erfolgreich zu betreiben.

    In den "Ingelheimer Jahren" begann aber auch Erlers Oberhofforschung, die den Blick erneut auf die von Hugo Loersch begonnene Erforschung des Ingelheimer Oberhofs richtete. Dieser war bis in das 16. Jahrhundert hinein eine Rechtshilfeinstanz des alten deutschen Rechts, wo über 70 Ortsgerichte "zu Haupte" gingen. In einem vierbändigen Werk machte Erler "die älteren Urteile des Ingelheimer Oberhofs" publik, die im einzigen heute noch erhaltenen Protokollband im Britischen Museum in London aufbewahrt werden. Auf Erlers Forschungen ebenso wie auf denen von Hugo Loersch basieren alle seitherigen Forschungen zu diesem Rechtsbereich, auch die neuerdings begonnenen Editionen Ingelheimer Haderbücher.

    Immer wieder kehrte der Ehrenbürger mit seinen Doktoranden in der Rotweinstadt ein, um seine Studenten auf die damals noch nicht editierten Ingelheimer Haderbücher im Tresor des Ingelheimer Rathauses aufmerksam zu machen. Dass und wie der Schatz zu heben sei, hat er mit der Veröffentlichung der "Ingelheimer Prozesse nach dem Städtekrieg von 1388" in der Schriftenreihe des Historischen Vereins dargetan.

    Der mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Jubilar nahm aufgeschlossen und rege an den Ingelheimer kulturellen Ereignissen teil.

    Am 11. November 1985 wurde er zum Ehrenbürger ernannt.

    Erler verstarb am 19. April 1992.

  • Brian Hall (Stevenage), 2005

    Brian Hall aus der englischen Partnerstadt Stevenage wurde in Anerkennung seiner hohen Verdienste um die Pflege der Städtepartnerschaft zu Ingelheim und seit 1975 auch zu der französischen Partnerstadt Autun am 4. November 2005 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Ingelheim am Rhein verliehen.

    Brian Hall wurde 1934 in London als zweitältestes von fünf Kindern geboren. Nach der Schule arbeitete er zwei Jahre als technischer Zeichner, bevor er für drei Jahre zur Royal Air Force wechselte. Nachdem er die Air Force verlassen hatte, nahm Mr. Hall ein Ingenieurstudium am South-East-London-Technical College auf. 1958 heiratete er seine Frau Stella. Brian Hall hat drei Söhne und eine Tochter.

    1962 verließ er London, um eine neue Heimat für sich und seine Familie in Stevenage zu finden.

    Brian Hall war ab 1962 als Ingenieur in der englischen Luftfahrtindustrie beschäftigt. Er gehört der Labour-Partei seit 1963 an und war ein aktiver Gewerkschaftler. Sein politisches Interesse führte ihn 1965 zur Mitgliedschaft im Hertfordshire County Council und er war mit 29 Jahren das jüngste Mitglied in diesem Gremium. Später wurde er Fraktionsvorsitzender der Labour-Gruppe im County Council.

    Im Jahr 1967 wurde Brian Hall zum ersten Mal in den Stadtrat der Stadt Stevenage gewählt, welche sich damals noch „Stevenage Urban District“ nannte, der in den Vorgänger des jetzigen Borough Council. Seit diesem Zeitpunkt gehörte Brian Hall bis zu seinem Ausscheiden 2007 dem Stadtrat ununterbrochen an.

    Es war im Jahr 1971, als Brian Hall zum ersten Mal zum „Leader of the Council“ gewählt wurde, eine Funktion die er bis zum Jahr 2006 innehatte.

    Nach 32 Jahren Arbeit schied Brian Hall 1994 aus dem aktiven Berufsleben aus. Im Jahr 1996 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt Stevenage und im Jahr 2007 der Titel „Honorary Alderman“ verliehen.

    Sein Einsatz für die Partnerschaft mit Ingelheim und seit 1975 für die Dreierpartnerschaft war beispielhaft. Hier war Brian Hall ein Mann der ersten Stunde, hat er doch als damaliger Bürgermeister der Stadt Stevenage im Jahr 1975, zusammen mit Dr. Alain Berhaut als erstem Beigeordneten der Stadt Autun und Ingelheims damaligem Oberbürgermeister Hans Ulrich Oehlschlägel, die Partnerschaft der drei Städte im großen Saal des Fridtjof-Nansen-Hauses in Ingelheim besiegelt.

    Brian Hall leistete einen beispielhaften Beitrag zur Entwicklung dieser Partnerschaft zwischen Stevenage und Ingelheim am Rhein sowie der Dreierpartnerschaft. Seine Begeisterung für die Ziele der Städtepartnerschaft hatte entscheidenden Einfluss genommen auf die kontinuierliche Entwicklung dieser Freundschaft.

    Nicht nur in seiner Funktion als „Leader of the Council“ von Stevenage, die er seit 1971 und damit seit über 30 Jahren ausübt, sondern auch über seine Persönlichkeit verlieh er der Partnerschaft immer wieder neue Impulse.

    So wurde im Jahr 1989 in Stevenage erstmals das so genannte Arbeitstreffen zwischen Vertretern aus Stadtrat und Verwaltung der Städte Autun, Stevenage und Ingelheim durchgeführt. Neben den alljährlichen Dreierpartnerschaftstreffen im Frühjahr, sind diese Arbeitstreffen zum festen Bestandteil der partnerschaftlichen Begegnungen geworden und dienen der gegenseitigen Information über wichtige kommunale Themen unserer drei Städte.

    Brian Hall hat sich insbesondere für interessante und nicht gewöhnliche Partnerschaftsprojekte engagiert. Gerade Projekte mit Jugendlichen, wie z.B. die einwöchigen Segeltörns auf der Ostsee zusammen mit dem Verein „Leben lernen auf Segelschiffen“ oder das Partnerschaftsseminar für arbeitslose Jugendliche im französischen Juragebirge sowie die im Jahr 2005 neu initiierten Jugendbegegnungen „Three towns – One Vision“ waren für ihn besonders wichtig.

    Brian Hall verstarb am 16. Dezember 2022 im Alter von 88 Jahren. 

  • Ulrike von Baumbach, 2011

    Für ihr jahrzehntelanges ehrenamtliches Wirken in kulturellen und sozialen Einrichtungen in ihrer Heimatstadt Ingelheim wurde Ulrike von Baumbach die Ehrenbürgerrechte verliehen. In einer kurzen Ansprache dankte sie für die Ehrung, die ihr zuteil wurde: „Die Auszeichnung nehme ich stellvertretend für die große Familie Boehringer / von Baumbach entgegen.“

    Schon früh hat Ulrike von Baumbach die Wichtigkeit der Betreuung und Versorgung von Senioren erkannt und zusammen mit den Gesellschafterfamilien Anfang der 1980er Jahre einen wertvollen Beitrag zur Einrichtung des „Altenzentrums im Sohl“ als erstes Senioren-Wohn- und Betreuungsheim geleistet. Eine besondere Herzensangelegenheit ist es von Baumbach das „Haus St. Martin“, eine Betreuungseinrichtung der Caritas für Kinder mit mehrfacher Schwerstbehinderung. Es ist nicht nur die seit Jahrzehnten gepflegte nachbarschaftliche Verbundenheit, sondern auch die feste Überzeugung, helfen zu wollen, wenn die von Baumbachs immer wieder diesem bistumsweit aufnehmenden Haus ihre Unterstützung für die Betreuung dieser beeinträchtigten Kinder angedeihen lassen.

    Eine große Zahl weiterer sozialer Einrichtungen und Organisationen konnte schon die Hilfsbereitschaft von Ulrike von Baumbach spüren. Neben dem Sozialverband VdK, der „Pladdebuzzer Kaffeestubb“, einer Initiative der Saalkirchengemeinde zur Betreuung von Nichtsesshaften und der Sucht- und Jugendberatung Ingelheim zählt auch der Tierhelferverein Ingelheim zu den Empfängern großzügiger Hilfen. Aber auch im kulturellen Bereich können immer wieder Menschen mit der Unterstützung der gebürtigen Ingelheimerin rechnen. Dabei spielt die Verbundenheit mit dem heimatlichen Nieder-Ingelheim eine wichtige Rolle. Dies wird deutlich, durch die vielfältigen Hilfen für die Evangelische Saalkirchengemeinde, die Pestalozzi-Grundschule und die Ingelheimer Kantorei. Es ist sicherlich auch ihr Verdienst, dass die Stadt mit den sogenannten „Internationalen Tagen“ immer wieder ein hochkarätiges Kulturereignis hat.

    Der Einsatz von Ulrike von Baumbach für Menschen endet keineswegs an den Grenzen ihrer Heimatstadt. Ihre vielfältigen nationalen und internationalen Aktivitäten zeigen ihr Wirken wie in Ingelheim im karitativen als auch im kulturellen Bereich wie den für Frauen und Mütter, die 1995 bei dem grausamen Massaker in Srebrenica ihre Männer und Söhne verloren haben. Seit 2001 konnte die Organisation „Bauern helfen Bauern“ rund 340 Häuser für zurückkehrende Flüchtlinge und 28 Dörfer, teilweise mit Schulen, errichten. Außerdem wurden die Gemeinden mit Lebensmitteln, Haustieren, Saatgut und landwirtschaftlichem Gerät versorgt. Eine beispielhafte Hilfe zur Selbsthilfe.

Ehrenbürger der ehemaligen Verbandsgemeinde Heidesheim

  • Leonhard Huth, 1971

    Lehrer und Ehrenbürger der Gemeinde Wackernheim

    Leonhard Huth (geboren 1891 in Sprendlingen) nahm mit 20 Jahren am 28.2.1911 seine Tätigkeit als Lehrer in Wackernheim auf. Er war „einstweilig“ angestellt und besetzte die 3. Lehrerstelle. 1909 hatte der Gemeinderat empfohlen, auf Grund hoher Schülerzahlen diese 3. Lehrerstelle ein zu richten. Leonhard Huth wurde 1914 zum Wehrdienst einberufen, 1917 verwundet und kehrte nach seiner Genesung noch im gleichen Jahr wieder an die Wackernheimer Schule zurück. Am 7. Mai 1920 wird aus seiner einstweiligen Anstellung eine Vollzeitstelle. 1927 wurde Leonhard Huth Schulleiter und Vorsitzender des Schulvorstands. Seine Lehrertätigkeit führte er dann ohne Unter- brechung bis ins Jahr 1947 fort.

    Es wird beschrieben, dass Leonhard Huth in seiner Funktion als Lehrer, Schulleiter, Vorsitzender des Schulvorstands in der Weimarer Zeit und darüber hinaus das geistige Gesicht des Dorfes merklich mitgeprägt und auch wesentlichen Anteil an der Gestaltung innerdörflicher Geschehnisse hatte. Größere Anschaffungen von Lehrmitteln wurden vorgenommen, ebenso wie wichtige äußere und innere Instandsetzungsarbeiten an den Schulgebäuden. Er hat schon damals dafür geworben, einen Schulbaufond einzurichten für den Neubau einer zentralen Schule,um die damaligen Verhältnisse in Wackernheim (kleine Schule, große Schule) zu beenden. Die Visionen kamen allerdings auf Grund der wirtschaftlichen Ereignisse niemals zum Tragen. Es ist bemerkenswert, dass es fast allen an der Wackernheimer Schule tätigen Lehrern gelang, sich der Parteimitgliedschaft in der NSDAP zu entziehen. Schulleiter Leonhard Huth war nachweislich nie Parteimitglied. Zusammen mit dem damals hier ansässigen evangelischen Pfarrer Hartmann bildete Huth und andere Lehrer (Acker, Eschbach) einen exklusiven Zirkel politisch passiver Resistenz. Das wurde natürlich von der NSDAP mit großem Mißtrauen beobachtet. Nach dem Zusammenbruch 1945 wurde Schulleiter Leonhard Huth als Anhänger der nationalsozialistischen Partei
    denunziert. 1947 schied er freiwillig und vorzeitig aus dem Schuldienst aus.

    Es bedarf weiterer Nachforschungen, um zu ergründen, was Leonhard Huth nach seinem Ausscheiden aus dem Schuldienst gemacht hat. 1971, an seinem 80sten Geburtstag wurde Leonhard Huth, der ehemalige Schulleiter der Wackernheimer Schule, an der er 36 Jahre tätig war, zum Ehrenbürger der Gemeinde Wackernheim ernannt.

    - Wolfgang und Evelyn Emmerling -
    Quelle: Hans Pfeiffer, Schulchronik der Volksschule Wackernheim, 1995

  • Otto Vitus Herrmann, 2006 

    Kommunalpolitische Tätigkeit:
    1948-79 (31 Jahre) Mitglied im Gemeinderat Wackernheim sowie in versch. Ratsausschüssen
    1960-69 Zweiter Beigeordneter
    1969-73 Erster Beigeordneter mit eig. Geschäftsbereich „Finanzen“ und ehrenamtlicher Standesbeamter
    1973-74 Bürgermeister von Wackernheim
    1972-89 Vorsitzender der Freien Wählergruppe Heidesheim-Wackernheim e.V.
    1974-01 Mitglied im Kreisvorstand der FWG Mainz-Bingen als Vertreter der VG Hei/Wa
    1979-94 Mitglied im Fachausschuß des Zweckverbands „Lennebergwald“ der Stadt Mainz u. des Landkreises Mainz-Bingen
    seit 1989 Ehrenvorsitzender der FWG Heidesheim-Wackernheim

    Sonstige ehrenamtliche Tätigkeiten (nur ausschnittweise):
    1948-58 Vorstandsmitglied im früheren Turnverein 1862 Wackernheim
    1973-77 Vorsitzender des neuen fusionierten (aus „Turnverein“ und „Verein für Ballspiele“) Turn- und Sportverein 1862 e.V. Wackernheim (TSV)
    seit 1995 Ehrenvorsitzender des TSV Wackernheim
    1967-89 Vorsitzender des Vereinsring Wackernheim
    seit 1989 Ehrenvorsitzender des Vereinsring
    1981-94 Mitbegründer und Vorsitzender des Partnerschaftskomitees Wackernheim-Daix
    dto. Vertreter der Gemeinde Wackernheim im Freundschaftskreis Rheinland-Pfalz/Burgund
    seit 1994 Persönliches Mitglied im Freundeskreis RLP-Burgund
    seit 1994 Ehrenvorsitzender des Partnerschaftskomitees Wackernheim-Daix
    1949-90 Mitbegründer des Carneval-Club Wackernheim und Vorstandsmitglied
    1953-73 Sitzungspräsident des CCW und während dieser Zeit Vertreter des CCW im Bund Deutscher Karneval
    seit 1990 Ehren-Sitzungspräsident des CCW

    seit 1952 Geschichtliche Abhandlungen über Wackernheim und seine Vereine in Festschriften, bei Vorträgen und in der Presse
    seit 1974 (mit Unterbrechungen) Beiträge zur Wackernheimer Geschichte im Heimatjahrbuch des Landkreises Mainz-Bingen
    seit 1989 alljährlich 4-5 Stunden Heimat- und Ortsgeschichtsunterricht in der 4.Klasse der Grundschule Wackernheim

    Öffentliche Ehrungen:
    1974 Verdienstmedaille des Verdienstordens der BR Deutschland
    1992 Verdienstmedaille der Gemeinde Daix/Burgund
    1998 Ehrennadel der Ortsgemeinde Wackernheim
    1999 Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz
    2006 Ernennung zum Ehrenbürger Wackernheims